Tarifbewegung bei Coherent nimmt Fahrt auf

IG Metall fordert Anerkennung des Flächentarifvertrags

16.05.2025 | Jetzt wird es ernst: Die Mitgliederversammlung der IG Metall am Vortag hat mit überwältigender Mehrheit beschlossen, in die Warnstreik-Vorbereitung einzusteigen. Hintergrund ist die fortschreitende Tarifbewegung bei der Coherent LaserSysteme GmbH & Co. KG in Göttingen.

FOTO: IG Metall

Die IG Metall hat das Coherant-Management im südlichen Niedersachsen im Februar zum Abschluss eines Anerkennungstarifvertrags für die Flächentarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Niedersachsen aufgefordert. In einem Sondierungsgespräch am 9. Mai 2025 teilte das Management mit, dass es Tarifverhandlungen mit der IG Metall ablehne. Stattdessen wolle das Management einen sogenannten Zukunftspakt mit dem Betriebsrat vereinbaren, der auch Regelungen zu Entgelt und Arbeitszeit umfassen solle.

Dies ist jedoch rechtswidrig und ein grober Verstoß gegen das Prinzip der Tarifautonomie! Denn dort, wo üblicherweise Tarifverträge gelten, sind Betriebsvereinbarungen zu Entgelterhöhungen und Arbeitszeit rechtswidrig (§ 77 Abs. 3 BetrVG). Vor diesem Hintergrund hatte der Göttinger Betriebsrat einstimmig beschlossen, keine Verhandlungen mit dem Coherent-Management über Entgelte und Arbeitszeiten zu führen. Tarifverhandlungen sind Sache der Tarifvertragsparteien.

„Die Beschäftigten bei Coherent leisten hochqualifizierte Arbeit in einem innovativen Hightech-Umfeld. Sie haben es verdient, unter tariflich geregelten, fairen Bedingungen zu arbeiten – mit verlässlicher Entgeltstruktur, klaren Arbeitszeitregelungen und sozialen Standards, wie sie in der Branche längst üblich sind“, erklärt Lars Johnke, Verhandlungsführer der IG Metall. „Das Ziel ist kein Sonderweg, sondern der Anschluss an den tariflichen Normalzustand der Metall- und Elektroindustrie.“

Im Zentrum der IG-Metall-Forderung steht die Einführung des ERA-Tarifwerks. Es ist eines der modernsten Entgeltsysteme der deutschen Industrie und bietet allen Beteiligten eine transparente, nachvollziehbare und faire Grundlage für Entgeltregelungen. Anhand objektiver Kriterien werden Tätigkeiten bewertet – unabhängig von individuellen Verhandlungssituationen oder persönlicher Einschätzung. Zugleich gewährleistet ERA Entwicklungsperspektiven, da es systematisch zwischen Grundanforderungen, Fachwissen, Verantwortung und Selbstständigkeit unterscheidet.

„ERA beendet subjektive Eingruppierung nach Bauchgefühl. Es stellt sicher, dass vergleichbare Tätigkeiten gleich bezahlt werden – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Durchsetzungsvermögen“, so der Metaller weiter. „Damit ist es nicht nur ein Entgeltsystem, sondern ein Beitrag zu innerbetrieblicher Gerechtigkeit.“

Neben ERA umfasst der Flächentarifvertrag der M+E-Industrie:

  • eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich,
  • tariflich gesicherte Monatsentgelte mit jährlicher Dynamisierung,
  • Weihnachts- und Urlaubsgeld,
  • das tarifliche Zusatzgeld (T-ZUG) mit Wahloption auf zusätzliche freie Tage,
  • eine tariflich geregelte Altersteilzeit,
  • sowie Schutzmechanismen bei Restrukturierungen und betrieblichem Wandel.

Vorstöße der IG Metall erfolgen niemals im Alleingang: Sie werden getragen von einer wachsenden Zahl engagierter Kolleginnen und Kollegen im Betrieb. Der Organisationsgrad ist in den vergangenen Monaten kontinuierlich gestiegen – ebenso wie die Bereitschaft, sich für geregelte Arbeitsbedingungen aktiv einzusetzen.

„Wir erleben eine motivierte Belegschaft, die ihre Interessen nicht länger allein dem guten Willen des Arbeitgebers überlassen will“, sagt Sascha Rossmann, zuständiger Gewerkschaftssekretär vor Ort. „Der Wunsch nach Tarifbindung ist klar artikuliert – und er ist legitim.“

„Unsere Tür für den Dialog steht offen – aber wir werden nicht zulassen, dass Gespräche zur Hinhaltetaktik werden. Wenn sich abzeichnet, dass kein ernsthafter Fortschritt erzielt wird, sind wir bereit, den Weg der Auseinandersetzung zu gehen“, stellt Gewerkschafter Rossmann klar. „Tarifbindung ist kein Gefallen des Arbeitgebers, sondern ein Recht der Beschäftigten.“

Hintergrund zu Coherent: Die Coherent LaserSysteme GmbH & Co. KG ist Teil der international agierenden Coherent-Gruppe – einem führenden Anbieter von Laser- und Photoniklösungen für industrielle und wissenschaftliche Anwendungen. Am Standort Göttingen sind rund 430 Beschäftigte tätig, die hochspezialisierte Lasersysteme für Forschung, Medizin, Halbleiterindustrie und andere Zukunftsfelder entwickeln und fertigen. Trotz der technologischen Spitzenstellung des Unternehmens gelten bislang keine tariflichen Regelungen nach dem Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie. Die IG Metall setzt sich daher für faire, transparente und zukunftsfähige Arbeitsbedingungen am Standort ein.

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